Die Rote Lena - Spuren und Schauplätze in und um Harsefeld

Grab der Roten Lena

Von Dietrich Alsdorf
Für die Webseite bearbeitet von Jörg Heins

 

Bisher erschienene Aufsätze über den Fall Marlene Prink in den Jahrbüchern des Vereins für Kloster- und Heimatgeschichte Harsefeld e.V.
(Inhalte und Bestellung siehe Seite „GuG“).
Die Ausgaben 1995 und 1996 sind nicht mehr bestellbar.

  • GuG 1995  
    Seite 50: Eine Hinrichtung als Volksfest - Die Enthauptung der Anna Marlena Prink vor 153 Jahren (von Dietrich Alsdorf)
  • GuG 1996 
    Seite 47: Das Mäusebutterbrot - Zwei Kriminalgeschichten aus dem Amt Harsefeld (von Uwe Ruprecht)
  • GuG 2008 
    Seite 54: Der „Marlenenbarch“ (von Dietrich Alsdorf)
  • GuG 2021
    Seite 9: „Und wenn meine Seele in die Hölle fährt...“ Das letzte Geheimnis der „Giftmischerin“ (von Daniel Nösler und Dietrich Alsdorf)
    Seite 19: Die lange Suche nach Marlenes Grab (von Dietrich Alsdorf)
    Seite 31: Das Leben der Anna Marlene Prink (von Dietrich Alsdorf)
  • GuG 2022
    Seite 53: Seine siebte Hinrichtung - Christian Schwarz, der Scharfrichter von Marlene Prink (von Dietrich Alsdorf)
    Seite 65: Der Retter blieb aus - warum die Hinrichtung der Marlene Prink aus dem Ruder lief (von Dietrich Alsdorf)

Zur Historie

Die überaus spektakuläre Hinrichtung der als überführt geltenden „Giftmischerin“ Anna Marlene Prink, geb. Röhrs vom Gut Brillenburg bei Buxtehude am Vormittag des 31. Oktober 1842 auf einer Anhöhe vor Harsefeld zog Tausende von Zuschauern von Nah und Fern an und geriet zu einem schauerlichen Volksfest. Ihr noch lange sichtbares Grab in der einsamen Heide beflügelte die Fantasie der Menschen und inspirierte manchen zu absonderlichen Sagen und Märchen. Erste Heimatforscher verarbeiteten die schrecklichen Geschehnisse in den ersten Ortschroniken. Der eine schrieb vom anderen ab, aus einem Giftmord wurden später zwei. Die Beamten des Harsefelder Amtes vermuteten damals sogar, es mit der „Prinkschen“, um eine „Schwester im Geiste“ der legendären Giftmörderin Gesche Gottfried zu tun zu haben, die 15 Menschen vergiftete und an deren Hinrichtung in Bremen heute noch ein „Spuckstein“ im Pflaster erinnert.

Auf diesen Ausschnitt im „Intelligenzblatt“ von 1842 bezogen sich in der Vergangenheit die meisten Veröffentlichungen.
Foto: © D. Alsdorf

Am Ort des damaligen Gerichts, dem Amt Harsefeld, beruhigte sich das Volk. Jene Kinder aber, die pflichtgemäß am Richthügel standen und fromme Lieder sangen, dürften für ihr Leben traumatisiert geblieben sein.

Lehrer Joachim Alpers drängelte sich bis vor den Richthügel.
Foto: © D. Alsdorf

Wie der neugierige Lehrer Joachim Alpers, aus Ohrensen, der sich durch die Absperrung bis vor den Richthügel gedrängelt hatte. Sichtlich geschockt schrieb er in einem Brief an seinen Bruder:
„Aber Bruder, ich kann Dir versichern, ein Schlag hat mein Herz getroffen, eine Stimme spricht zu mir, sei nicht blind, sei nicht schläfrig! Siehe, auch Du kannst die Sünder vom verkehrten Wege auf den rechten Weg zum Heil führen!“

Als ärgerlich wurde empfunden, dass der grausige Richthügel nicht umgehend abgetragen wurde und jedenfalls noch so lange bestand, dass er fortan von den Landbewohnern als „Marlenenberg“ bezeichnet wurde, an dessen Hang sich das „Marlenengrab“ befand. Spätestes die umfangreiche Kultivierung am Ende des 19. Jahrhunderts, rund 50 Jahre nach der Hinrichtung, tilgten alle obertägigen Spuren.

Doch die Angelegenheit war noch lange nicht vergessen. Der Harsefelder Pastor Hermann Seebo sah sich genötigt, in seiner 1927 erschienen Ortschronik „Geschichte des Fleckens Harsefeld oder Rosenfeld“ von einer „üblen Sache“ zu berichten, die „ums Jahr 1840 geschehen“ war.
„Auf der Brillenburg bei Buxtehude“ so wusste Seebo, „die damals zum Amte Harsefeld gehörte, hatte eine Frau, mit Vornamen Marlene, ihren Mann vergiftet und den Leichnam hinter die Pferde in den Stall geworfen, als wenn er von ihnen erschlagen wäre. Sie wurde auf dem hochgelegenen Ackerteil zwischen der Ohrenser und der Harsefelder Landstraße mit dem Schwerte hingerichtet. Tausende von Zuschauern aus dem ganzen Amt, gross und klein, waren in den wunderlichsten Aufzügen zu diesem Schauspiel erschienen. Der amtierende Prediger Bohn fand in ihr auf ihrem letzten Gang eine ganz verstockte Sünderin, die, wie die Leute erzählten, statt zu beten „Gott sei mir Sünder gnädig“, dem Pastoren zugerufen habe: „Gott sei dir Sünder gnädig!“ Sie wurde an Ort und Stelle eingescharrt. Der Acker heißt noch heute „de Marlenenbarg“.
In der deutlich erweiterten, 1967 erschienen Ortschronik des Harsefelder Journalisten Adolf Peter Krönke „Der Flecken Harsefeld“, erschien die Gerichtete bereits als zweifache Mörderin.
Sie hatte „den Irländer Wilson, bei dem sie als Haushälterin gedient hatte, und später auch ihren Mann durch Gift ums Leben gebracht,“ glaubte Krönke. „Anfangs hatte sie beide Morde eingestanden, später jedoch abgeleugnet.“
Auch hier, Krönke berief sich auf einen Zeitungsbericht aus dem Jahre 1938, mischten sich die bis damals bekannten und oft zitierten spärlichen Fakten mit fantasievoller Ausschmückung.
Interessant aber war die Ur-Harsefelder Legende von der gescheiterten Rettung der Mörderin vom Richthügel: „Die Leute aber erzählen, Anna Marlena wäre deshalb so standhaft beim Leugnen geblieben, weil sie einen neuen Liebhaber gefunden habe und bis zum letzten Augenblick gehofft hatte, der würde kommen und sie vom Richtplatze weg freien und vor dem Tode bewahren.“
(Die Auflösung dieser Legende findet sich in GuG 2022.)

Die Erinnerung an Marlene und ihre Hinrichtung wären längst verblasst, wenn nicht auf dem Amtshof im Frühjahr 1981 umfangreiche archäologische Ausgrabungen begannen und der Verfasser mit der örtlichen Grabungsleitung betraut wurde.
Ein Rathaus sollte auf dieser historischen Stätte, dem ehemaligen Benediktinerkloster im Ortszentrum, gebaut werden.
Großflächig trug zunächst ein Bagger die oberen Schuttschichten ab, bis sich die Überreste der im 17./18. Jhd. abgetragenen Klostermauern zeigten. Zu den zahlreichen Zaungästen gehörte nach einigen Tagen ein älterer Herr, der in der Nachbarschaft, im Schatten der Kirche, wohnte. Er zeigte aufgeregt in eine bestimmte Richtung auf dem Gelände.
Er wartete auf die Überreste des bis 1902 bestehenden „Pforthauses“ - dem ehemaligen Gefängnis des Amtes Harsefeld! Als Kind hatte er das niedrige Kellerverließ noch persönlich gesehen, war in dem kleinen finsteren Gewölbe herumgeschlichen und hatte an jenen Eisenketten gerüttelt, mit denen „die rote Marlene“ wie er sich ausdrückte, angekettet war.
Da waren sie nach all den Jahren wieder: Die Mythen um die „Rote Marlene“!
Konserviert unter meterdickem Ziegelschutt.
Am 4. Juni 1981 wurden die Angaben des Zeitzeugen bestätigt. Gespannt schaute er zu, wie die Arbeiter das eingestürzte Gewölbe entfernten.

Das eingestürzte Verlies des Harsefelder Gefängnis nach der Entdeckung 1981.
© D. Alsdorf

Nach sorgfältiger Freilegung 1981.
© D. Alsdorf

Der gefundene Halbkeller hatte eine Länge von ca. neun Metern und war drei Meter breit. Er gliederte sich in zwei Räume, einem Vorraum und dem eigentlichen Verlies, wie der erwähnte Zeitzeuge aufgeregt erklärte.
Lebensraum auf 12 Quadratmetern und lediglich ausgestattet mit zwei auf Ziegelpodest befindlichen Schlafstätten, in den Maßen von je 1,80 m x 1,15 Metern.
Die im Landesarchiv Stade aufbewahrte Untersuchungsakte zum Fall der Marlene Prink dokumentiert, wie die Inhaftierte ihre Zelle empfand: „Feucht“ soll sie gewesen sein und „der Schimmel tropfte von der Decke“. Damit nicht genug: „Mäuse kriechen über meine Füße“, beklagte sie sich und bat, eine Katze halten zu dürfen.
Es war das wieder kenntlich gemachte Verlies, das in den folgenden Jahren dafür sorgte, dass „die rote Marlene“ in Harsefeld im Bewusstsein blieb und die Fantasie mancher Menschen weiterhin beflügelte. Buchbare bzw. öffentliche Führungen über das Klostergelände thematisierten von Anfang an das Schicksal der „Giftmischerin“

Mit Gründung des Vereins für Kloster- und Heimatgeschichte Harsefeld e.V. im Jahr 1985 nahm die „Forschung“ nach der „Roten Marlene“ erst richtig Fahrt auf. Denn nach wie vor war die genaue Lage ihres Grabes unbekannt. Dokumentiert war, dass die Frau gleich nach erfolgter Hinrichtung am Fuße des Richthügels verscharrt wurde. Der Richthügel befand sich, das war überliefert, in offener Heide auf der Kuppe des „Bostels-Berg“. Wie oben erwähnt wurden Hügel und Grab Jahrzehnte später eingeebnet, eine Auffindung des Grabes schien unmöglich. (Siehe hierzu Beiträge in GuG 2008 und 2021.)
Erst 2006 gelang es dem Vermessungsbeamten und Vereinsmitglied D. Goohsen, die genaue Lage des Richthügels zu identifizieren. 2014 gelang es dem Verfasser nach langer Suche, auch die unscheinbare Grabgrube am ehemaligen Rand des Richthügels aufzufinden. (Zur Grabsuche siehe GuG 2021.)

Der markierte Richthügel mit einem Durchmesser von angenommenen 10 Metern 2006.
© D. Alsdorf

Im Oktober 2020 führte die Archäologische Denkmalpflege des Landkreises Stade eine kleine Untersuchung durch, in der das Grab der „Roten Marlene“ eindeutig identifiziert und freigelegt wurde. Die anthropologische Untersuchung führte die Anthropologin Dr. B. Jungklaus durch.

Grabung auf der ehemaligen Richtstätte mit aufgefundenem Grab (x) im Oktober 2020.
© D. Alsdorf

Höhepunkt und Abschluss war die erneute feierliche Beisetzung der Überreste unter Federführung des Vereins für Kloster- und Heimatgeschichte e. V. auf dem „Oberen Friedhof“ im September 2021. (Siehe GuG 2021.)

Die Beisetzung im September 2021. Foto: © J. Heins


Auf Schauplatzsuche …

Der idyllische Amtshof mit angrenzendem Klosterpark ist Ausgangspunkt der Schauplätze der „Roten Lena“.
© D. Alsdorf

Auf dem „Amtshof“

Das Gelände des Amtshofes mit Gefängnis und Gerichtsgebäude bildete von Mitte Juni 1839 bis Ende Oktober 1842 den Lebensraum der „Roten Lena“ Rund 40 Monate war sie – mit Unterbrechungen, in denen sie in Stade inhaftiert war – im Verlies des Gefängnisses eingesperrt. Im benachbarten Gerichtsgebäude fanden die zahlreichen Verhöre statt, dort wurde ihr das Todesurteil eröffnet.
Ausgangspunkt für eine Schauplatzsuche auf den Spuren der „Roten Lena“ ist der große zentrale Parkplatz in der Ortsmitte nahe dem Kino und im Schatten der Kirche. Auswärtige Besucher bitte auf die Wegweiser „Klosterpark“ achten.
Von hier aus sind es nur wenige Schritte zu den restaurierten und wieder ausgemauerten Überresten des Harsefelder Klosters über deren Ruinen später das königliche Amt entstand, dass Lena zum Schicksal wurde. Rund dreieinhalb Jahre (mit Unterbrechungen) war die Frau hier eingekerkert, hier wurde sie verhört, hier erfuhr sie ihre Todesurteile, von hier aus wurde sie zum Richtplatz gefahren.

Lageplan mit dem Grundriss des einstigen Klosters und Lage des einstigen Gefängnisses.


Blick auf den Klosterplatz mit Lage des einstigen Gefängnisses.
Foto: © D. Alsdorf

Das Gefängnis

Das Gefängnis des königlichen Amtes Harsefeld wurde 1739/41 unter Nutzung klosterzeitlicher Fundamente als Fachwerkgebäude errichtet und 1902 abgebrochen.
Obertägige Spuren gab es lange nicht mehr, die Lage allerdings war durch Gebäudepläne gesichert. Neben oberirdisch angelegter „Kojen“, heute „Zellen“ genannt, gab es im Keller ein „Strafgefängnis“, ein feuchtes schimmeliges Gewölbe, das noch aus der Klosterzeit stammte.
Dieses gewölbte Verlies, dunkelstes Loch des ehemaligen Harsefelder Pforthauses, wurde erst 1981 im Rahmen einer großflächigen archäologischen Ausgrabung vom Verfasser entdeckt.

Das eingestürzte Gewölbe des Verlieses wurde 1981 im Zuge der Ausgrabung des Harsefelder Klosters entdeckt.
Foto: © D. Alsdorf

Der Halbkeller hatte eine Länge von etwa neun Metern und war drei Meter breit. Er gliederte sich in zwei Räume, einem Vorraum und dem eigentlichen Verlies, wie es auch im Roman beschrieben wird. Lebensraum auf 12 Quadratmetern und lediglich ausgestattet mit zwei auf Ziegelpodest befindlichen Schlafstätten, in den Maßen von je 1,80 m x 1,15 Metern.
Die im Landesarchiv Stade aufbewahrte Untersuchungsakte dokumentiert, wie Lena ihre Zelle empfand: „Feucht“ soll sie gewesen sein und „der Schimmel tropfte von der Decke“. Damit nicht genug: „Mäuse kriechen über meine Füße“, beklagte sie sich und bat, eine Katze halten zu dürfen.

Blick 1981 von der Treppe in das Verlies mit Vorraum (vorn) und der eigentlichen Zelle im Hintergrund.
Foto: © D. Alsdorf

Blick 1981 von der gegenüberliegenden Seite auf die eigentliche Zelle mit den beiden Pritschen, der Öffnung für die Zellentür und den Vorraum im Hintergrund.
Foto: © D. Alsdorf

Hier ein Blick auf die beiden Schlafplätze kurz nach der Freilegung: Die gemauerten Fundamente dienten als isolierende Grundlage für eine Holzkonstruktion, auf der ein niedriger schrankartiger Bau ruhte und mit Vorhang oder Schiebetür geschlossen werden konnte. In dieser Schlafstätte starben 1839 Lenas jüngstes Kind Catharina und 1842 ihr Widersacher Tönjes Dammann.
Foto: © D. Alsdorf

Blick von oben auf eines der beiden Schlafplätze. Foto:
Foto: © D. Alsdorf


Das Verlies nebst einem Gefängnis-Fundament (im Bild oben links) nach dem Wiederaufbau 1984.
Foto: © D. Alsdorf


Die ausgetretenen Treppenstufen ins Verlies nach der Freilegung 1981. Von hier aus trat Lena am 31. Oktober 1842 um 9 Uhr morgens ihren letzten Weg an.
Foto: © D. Alsdorf

Etwa so muss jenes kleine vergitterte Fenster ausgesehen haben, dass von der Westseite etwas Tageslicht ins Verlies lies.
Foto: © D. Alsdorf


Das Gerichtshaus / „Amtsstubengebäude“

Nur wenige Schritte vom ehemaligen Gefängnis befindet sich das ehemalige Gerichtshaus aus der Zeit um 1770, dass heute das Museum des Vereins für Kloster- und Heimatgeschichte e.V. beherbergt.
In jenen Räumen, in denen sich heute die klostergeschichtliche Sammlung befindet, musste sich damals Lena unzähligen Verhören unterziehen, dort wurde ihr das Todesurteil verkündet.
Nach Auflösung des Amtes diente das Gebäude unterschiedlichen Zwecken bis es um 1980 vor dem endgültigen Verfall stand.
Das ehemalige, noch verfallene Gerichtshaus um 1980 (rechts). In der Lücke zwischen diesem Gebäude und dem Kirchenschiff befand sich bis ca. 1900 das Gefängnis.
Foto: © D. Alsdorf

Heute Bestandteil des Klosterparks.
Foto: © D. Alsdorf

1980 kurz vor dem endgültigen Verfall.
Foto: © D. Alsdorf

Heute ein „Hingucker“: Das ehemalige Gerichtshaus beherbergt heute das Harsefelder Museum.
Foto: © D. Alsdorf

Das Amtshaus

Das noch heute den Platz dominierende langgestreckte Gebäude ist das ehemalige Amtshaus, dessen massive Fundamente und Keller noch aus der Klosterzeit stammen. In jener Zeit, als Lena im Verließ einsaß, wohnte dort der Amtmann mit seiner Familie, daneben gab es Diensträume für sich und seine Beamten.
Nach umfassenden Umbauten und Entkernung um 1980 beherbergt das Gebäude  die örtliche „Friedrich-Huth-Bücherei“ und ist während der Öffnungszeiten zugänglich. Allerdings ist die historische Raumaufteilung nicht mehr nachvollziehbar. Ein Fayence-Kachelofen, der sich ursprünglich in den Diensträumen des Amtmannes befand, steht seit 2023 im benachbarten Heimatmuseum, dem ehemaligen Gerichtshaus.

Das Amtshofgebäude heute. Vor der Freitreppe fand am Morgen des 31. Oktober 1842 in Anwesenheit von tausenden Zuschauern das letzte öffentliche „Halsgericht“ statt. Von hier aus wurde die Verurteilte ca. zwei Kilometer Luftlinie zum Richtplatz gefahren.
Foto: © D. Alsdorf

Das Amtshofgebäude heute, dahinter das ehemalige Gerichtshaus.
Foto: © D. Alsdorf


Vor der Freitreppe des Amtshauses stand am 31. Oktober 1842 der Gerichtstisch.
Foto: © D. Alsdorf

Das 1984 neu aufgemauerte Verlies heute.
Fotos: © D. Alsdorf


Der Richtplatz

Wie im Roman und den oben vorgestellten Ausgaben von GuG geschildert, wurde damals eine noch heute markante Anhöhe an der alten Poststraße nach Stade, genannt „Bostels-Berg“ zum Richtplatz bestimmt.
Dort erinnerte ein großer, aufrecht in der Heide stehende „Rabenstein“, an den schon damals vergessenen, wohl mittelalterlichen Hinrichtungsort.

Der 2006 rekonstruierte Platz der Richtstätte auf der Kuppe des „Bostels-Berg“.
Foto: © D. Alsdorf

Der Harsefelder Richthügel, damals auch „Hochgericht“ genannt, wurde wenige Tage vor der Hinrichtung aufgeschüttet. Wie er ausgesehen haben mag, verdeutlicht dieser im Stader Stadtteil Riensförde rekonstruierte Richthügel: Ein „mannshoher“ Hügel mit flacher Kuppe, für den Richtstuhl nebst Pastor und Scharfrichter.
Foto: © D. Alsdorf

Der Weg vom Amtshof zum Richtplatz

Der offene Ackerwagen mit der Delinquentin fuhr, eskortiert von einer Abteilung Dragoner, vom Gerichtsplatz Richtung Westen auf die heutige Herrenstraße. Vor dort fuhr der Tross im Schritttempo hangabwärts Richtung Norden und überquerte an der Wassermühle die Auebrücke.
Während sich heute die Ausfallstraßen Richtung Ohrensen bzw. Stade gabeln, führte die historische Poststraße steil den Mühlenberg hinauf. Dort ist die Trasse des später zugunsten der heutigen Kreisstraße aufgegebenen Weges noch auf einer Länge von rund 300 Metern herhalten.
Wer auf diesen „Lena-Pfad“ wandeln möchte, muss die Kreisstraße L124 Richtung Stade nehmen. Im Wald befindet sich in Fahrtrichtung Stade links ein Parkplatz für den dortigen „Trimm-dich-Pfad“. Von dort ist der derzeit reichlich zugewachsene Pfad zu begehen.

Auf dem „Lena-Pfad“ im Forst Mühlenberg.
Foto: © D. Alsdorf


Um den Richtplatz aufzufinden, fährt man Richtung Norden bis zum etwa 500 Meter entfernt liegenden Waldrand und parkt beidseitig an den dort mündenden Feldwegen. Von dort aus ist schon die große Anhöhe des „Bostels-Berg“ zu sehen. Um näher an den Richtplatz zu gelangen, folgt man auf den Rad-/ Fußweg entlang der L124 etwa 300 Meter bis zu einer sanften Rechtskurve. Von hier aus fuhr der Tross geradeaus weiter und erklomm den damals in Heide liegenden Berg. Da die Fläche landwirtschaftlich genutzt wird, ist der Acker nicht zu betreten. Vom Richtplatz sind keine Spuren mehr zu sehen.

Der Richtplatz mit Markierung des Hügels wenige Tage nach der Grabung 2020. Im Hintergrund der Forst Mühlenberg und im Tal der Flecken Harsefeld.
Drohnenfoto © F. Kraus.

Der Richtplatz von Süden. Im Hintergrund rechts der „Linah-Kreisel“, schon zum Zeitpunkt der
Hinrichtung eine wichtige Wegekreuzung.
Das Grab befand sich am linken ehemaligen Hügelrand.
Drohnenfoto © F. Kraus.


Das Grab

Wenn auch die Lage des verschwundenen Richthügels schon längere Zeit bekannt war, konnte der Verfasser das am Fuße des Hügels angelegte Grab erst 2014 lokalisieren.
Im Oktober 2020 wurde der Befund seitens der Archäologischen Denkmalpflege des Landkreises Stade untersucht und das nur noch in Resten nachweisbare Skelett geborgen und einer anthropologischen Untersuchung zugeführt. Siehe GuG 2021.

Blick auf die rechteckige Verfärbung der Grabgrube mit einigen der hineingeworfenen Steine.
Foto: © D. Alsdorf


Wesentliche Ergebnisse wie das „Beschweren“ des Sarges mit Steinen und die gewonnenen anthropologischen Befunde wurden im Roman verarbeitet. Siehe hierzu auch GuG 2021/22.
Im September 2021 wurden die sterblichen Überreste im Rahmen einer kleinen Trauerfeier im historischen Teil des „Oberen Friedhofs“ in Harsefeld beigesetzt.
Als Grabmal wurde eine historische Grabstele verwendet. Siehe GuG 2021.

Direkt über dem Sarg, hier rechts in der Grube als schwarze Holzverfärbung sichtbar,
war die Steinabdeckung besonders stark.
Foto: © D. Alsdorf

Das Grab unter hohen Eichen befindet sich im Winkel der Griemshorster Straße / Am oberen Friedhof und ist ca. 400 Meter Luftlinie vom Amtshof entfernt. Parkmöglichkeiten an der Straße Am oberen Friedhof. Von dort zu Fuß entlang der Friedhofsgrenze oberhalb der Straße Richtung Nordosten. Im Hintergrund sind die hohen Eichen sichtbar.

Foto: © J. Heins

Weitere Berichte und Abbildungen im Web unter Suchbegriff "Rote Lena".

Der Fall der „Roten Lena“ wurde in der Folge "Strafe muss sein. Wofür wir wie büßen müssen" und in der Folge "Mörderische Frauen - Rätselhafte Fälle der Geschichte" in der Reihe ZDF-History ausgestrahlt.

Eine weitere Erwähnung fand der Fall in einer Folge von Mythos – Die größten Rätsel der Geschichte zum Thema Vampire.