Der alte Kirchturm.

Von Dietrich Alsdorf


Mit dem Neubau des 1861 vollendeten heutigen Kirchturm sowie grundlegende Umgestaltungen des Kirchenschiffs verlor die Kirche endgültig ihr Erscheinungsbild einer Klosterkirche.
Aus heutiger Sicht bedauerlich erscheint es, dass vor allem der romanische Glockenturm bis in die Fundamente hinein abgetragen und durch den heutigen neugotischen Turm abgelöst wurde.
Schriftquellen des 18. Jahrhunderts berichten vom beklagenswerten Zustand des Turmes, dessen Größe zuletzt nicht über die Firsthöhe des Kirchenschiffs hinweg ging. Mit anderen Worten: Der aus der Frühzeit des Harsefelder Stifts und der nachfolgenden Klosterzeit wurde zunehmend baufällig! Zunächst versuchte man, den Turm durch Anfügen von mächtigen Strebepfeilern zu sichern. Ein aussichtsloses Unterfangen, wie die Grabungen belegen konnte.
Heute wissen wir, dass die Ursprünge des Glockenturms auf die erste Kapelle der Harsefelder Grafen, den Udonen, zurückgehen, die dort in der 2. Hälfte des 10. Jahrhunderts angelegt und später nach Westen zu einer Grablege erweitert wurde.
Es war ein massiver Feldsteinbau, der vielleicht in der Periode des Stiftes (11. Jahrhundert), auf jeden Fall aber mit Umwandlung in ein Kloster kurz nach 1100 zu einem Glockenturm aufgehöht wurde. Der spätere Ausbau erfolgte dann mit Backsteinen.
Wir wissen, dass der Aufgang in den Glockenstuhl über eine Wendeltreppe in einem Pfeiler in der Südwestecke erfolgte, denkbar aber ist ein weiterer Aufgang vom Kreuzgang aus, über den es keine Hinweise gibt.
Der Turm diente den Mönchen in Zeiten der Gewahr als letzte Rettung. Als zum Beispiel der hier bereits mehrfach genannte Ritter Pentz im Jahr 1545 das Kloster zum ersten Mal heimsuchte, floh der Konvent in den Turm und erwehrte sich der nachdrängenden Söldner mit dem Herabwerfen von Steinen.


Während der archäologischen Grabungen im Jahr 1981 wurden in unmittelbarer Nähe der Kirche zwei der wuchtigen Strebepfeiler (rechts) des ehemaligen Turms angeschnitten. Aus statischen Gründen konnten die Befunde nicht vollständig untersucht werden.


Die aus Findlingen gebaute Pfeilerverstärkung aus dem 18. Jhd. Sie wurde direkt auf den Fliesenbelag des dahin bereist abgebrochenen und verschütteten Kreuzgang Süd errichtet. Ein sinnloses Unterfangen, denn das schwere Fundament gab nach. Die Ursache waren zahllose Gräber in erhaltenen Särgen, die sich unter den Fliesen befanden.


Nach Entfernen des Steinfundaments zeigt sich der eingesunkene Fußboden des Kreuzgang Süd.


Hier noch einmal die Pfeilerverstärkung von Norden.


Weitere Pfeilerverstärkung zwischen dem Nordwest-Eckpfeiler des Turmes (links) und einem Pfeiler im Kreuzgang Süd (rechts).


Nach Entfernen der Steine wurde die Originalsüdwand des Kreuzgang Süd sichtbar.


Blick von Norden auf den Nordwestpfeiler des Turmes. Links das aufgehende Außenmauerwerk des Kreuzgang Süd.


Einer der Pfeiler konnte in die Platzgestaltung einbezogen werden. Weitere Flächen gingen vor wenigen Jahren verloren, als der ehemalige Turmbereich mit einem Sanitärtrakt überbaut wurden. Im Klostermodel im Museum ist der Turm dargestellt.